Samstag, 26. September 2009

In Phase 3.

Hallo alle zusammen!

Nach fast einer Woche melde ich mich wieder mal. In dieser Woche ist eine Menge passiert, und leider vieles was mich wirklich zurückgeschmissen hat. Es war eine wirklich harte Woche...

Um mal meine Überschrift zu erläutern und meine folgende Geschichte zu umreißen, ich stecke mitten in einem Kulturschock. Ich dachte nie, dass mir das passieren könnte und dass es so ernst sein kann, aber ich schätze davor ist wohl leider keiner sicher.

Ich bin froh, dass wir von unserer Hochschule darauf vorbereitet wurden, auch wenn das im Moment nicht meine Stimmung anhebt und die Probleme löst, so mein ich wäre es ohne Vorbereitung durchaus schlimmer geworden und man hätte vielleicht gar nicht daran gedacht, dass es ein Kulturschock sein könnte.

Damit es euch leichter fällt zu verstehen wovon ich eigentlich rede, hier eine kleine Grafik mit Eurläuterung:


Phase 1: Euphorie


Man schaut sich die neue Kultur erstmal an und findet alles aufregend und interessant

Phase 2: Entfremdung

Während der zweiten Phase eines Kulturschocks treten erste Kontaktschwierigkeiten auf. Oft fühlt man sich selbst schuldig deswegen.

Phase 3: Eskalation

Steckt man in dieser Phase, dann hat man den Tiefpunkt des Kulturschocks erreicht. Man gibt der fremden Kultur die Schuld für das eigene Unwohlsein und verherrlicht seine eigene Kultur.

Phase 4: Missverständnisse

Die Person in der fremden Kultur nimmt die bestehenden Konflikte mit der anderen Kultur als Missverständnisse, die durch die kulturellen Unterschiede entstehen, wahr.

Phase 5: Verständigung

Mit Vollendung dieser Phase ist der Kulturschock überwunden. Die unterschiedlichen Spielregeln und Verhaltensweisen werden verstanden, geduldet, erlernt und geschätzt. Es wurde kulturelle Kompetenz erworben.

Symptome für einen Kulturschock sind:

* Gefühl der Hilflosigkeit und Zurückweisung durch andere
* starkes Heimweh
* körperliche Stressreaktionen
* Angst und Frustration
* Einsamkeit

Dabei durchläuft nicht jeder unbedingt alle 5 Phasen, manche spüren sie auch kaum, bzw. haben gar keinen Kulturschock.
Die 5 Phasen verlaufen ähnlich einer U-Kurve, mit Phase 3 ist also auch die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Man sagt, dass nach einem Jahr spätestens alles vorbei ist, nur leider bin ich da dann wieder in Deutschland...

Aber nun dazu wie es so weit kam:

Es fängt leider schon an dem Ort an, in dem ich wohne.
Am Anfang schienen meine Mitbewohner super nett zu sein und ich freute mich schon auf die gemeinsame Zeit. Doch leider ging die Stimmung immer weiter bergab, bis meine norwegische Mitbewohnerin eine kleine Auseinandersetzung mit dem Hauptmieter unserer WG hatte. Und das auch zurecht irgendwie, denn nachdem wir den Mietvertrag unterzeichnet hatten, kamen Dinge ans Licht die wir vorher nicht wussten und man versuchte von uns Geld abzuzwacken auf dreisteste Weise.
Auch das Essen was uns am Anfang immer gekocht wurde, endete bei beiden von uns mit einem Krankenhausbesuch... und als wir unser eigenes Essen kochen wollten, war das ein Problem. Und jedesmal wenn wir die Küche benutzen wird genau aufgepasst, was wir darin machen.
Das sind so Sachen, die eine enorme Spannung und Unwohlsein verbreiten, und das muss eigentlich nicht sein.
Leider ist es nicht besser geworden. Jetzt gehen sich alle nur noch aus dem Weg... und keiner redet mit keinem.

Sehr tolles Wohnklima. Da wünschte ich wieder im AMH zu sein... :( Da war alles viel wärmer...


Bezüglich dess Alltags habe ich am Anfang gedacht, dass spielt sich schon ein, bis man auch mal Kontakt zu den ersten Chinesen/Innen hat.
Jedoch war jeder Kontakt den ich bisher hatte nur auf mögliche Vorteile von Seiten der Chinesen abgezielt. Das heißt, sie wollten entweder Englisch lernen oder Geld.
Für einen Menschen wie mich, der sehr viel Wert auf den Charakter und innere Werte legt und sich für wertvollere Dinge als Geld interessiert, ein wenig schockierend.
Zwar kann ich das nachvollziehen, dass man sich für andere Nationalitäten interessiert und auch Freundschlaften schließen will, jedoch war es für mich immer gleich so aufdringlich und viel zu oberflächlich.

Auch beim Einkaufen wird man als unerfahrener Westler, der es nie gewohnt ist zu handeln auf dreisteste Weise abgezockt... Mein Handy beispielsweise ist nichtmal eine richtige Marke, ich habe das Doppelte bezahlt als Chinesen hätten zahlen müssen und es funktioniert trotzdem nicht richtig... und als ich nochmal vorbei kam und sagte, dass es nicht tut meinte man nur ich bräuchte noch eine Karte. Also kaufte ich eine solche Karte (was man mir vorher nicht sagte) (natürlich auch viel zu teuer)und es tat trotzdem nicht. Daraufhin ging ich nochmal in den Laden, diesmal reagierte man sehr genervt, und meinte, ich müsste noch einen Stick kaufen... Da mir das dann doch sehr komisch vorkam und ich den Verdacht hatte, dass das wohl kein Ende nehmen wird, lies ich es einfach gut sein. War aber sehr enttäuscht und ärgerte mich über die Situation und das Verhalten der Menschen.
Jetzt hab ich halt ein Handy was nicht richtig tut... Und das war das Erste was ich jemals gekauft habe. Bisher hatte ich immer gebrauchte sehr alte Handys übernommen...

Was mich auch ein wenig mitnahm ist, dass sich Menschen von denen ich es nicht erwartet hätte einfach zurückgezogen haben und man ihnen scheinbar irgendwie egal wurde.
Das gab mir schon ordentlich nachzudenken, denn ich weiß auch bis heute nicht was ich falsch gemacht habe. Aber vielleicht ist es einfach besser aufzuhören sich darüber immer wieder Gedanken zu machen.

Das Positive ist aber, dass ich mit Menschen noch mehr in Kontakt getreten bin, von denen ich es beispielsweise nicht so erwartet hätte.
Nicht zu vergessen habe ich fünf sehr nette japanische Freunde kennengelernt, die mir das Leben hier momentan leichter machen...

Mein größtes Problem und Sorge ist momentan jedoch mein Rücken. Seit Anfang September fühlte ich mich unwohl und seit letztem Wochenende habe ich starke Schmerzen die trotz täglicher Übungen nicht weggehen.
Ich bin ehrlich gesagt ganz verzweifelt und habe Angst dass es schlimmer werden kann. Hier in Peking(!) gibt es nur eine(!) Krankengymnastik und zwar in der deutschen Botschaft, und dort behandelt man nicht einmal Skoliosen...

Daher weiß ich auch gar nicht wo ich für das Praktikum hingehen soll... ob ich hier bleiben soll weil es im Notall doch bessere Behandlungsmöglichkeiten gibt als irgendwo in einer kleineren Stadt, oder ob ich woanders hingehen sollte, auch um einfach mehr von China zu sehen, und um vielleicht bessere Erfahrungen zu machen, doch wie ziehe ich dann um? Die Reise von Deutschland nach Peking war schon grenzwertig...

Und nicht zuletzt die Uni:
Zwar macht es mir Spaß, jedoch ist die Klasse leicht demotivierend, denn dem Rest scheint es wohl ziemlich egal zu sein was die Lehrer vorne reden...
Manche Klassen sind total überfordernd und man versteht zu gut wie nichts, andere sind eher unterfordernd.
Und da man keine chinesischen Freundschaften geschlossen hat, ist es auch irgendwie unmöglich, Chinesisch oft bzw. überhaupt anzuwenden...

Und all das macht die Zeit hier sehr schwer. Vor allem die Rückenprobleme, denn keiner kann nachvollziehen wie schwer das einem die Zeit machen kann. Körperlich und psychisch.
Vielleicht habe ich aber auch einfach zu viel erwartet. Oder ich habe einfach wiedermal kein Glück. Oder beides.

Um aber mit etwas Positiven abzuschließen: Gestern waren meine japanischen Freunde zum Pasta essen bei mir. Genau - es gab richtige (naja fast wie in Deutschland) Pasta und ja, ich war einfach so dreist und habe die Küche benutzt für die ich auch Miete mitbezahle - und wir hatten einen schönen Abend und wiedermal viel gelacht wie immer wenn wir zusammen sind!!

Mehr sage ich dazu heute nicht, und stelle einfach ein paar Fotos rein :)





hmm... japanische Vanilla Cream Puffs (^_^)


Das hier ist übrigens ein Geschenk von Momoko. Es ist eine japanische Spezialität und besteht aus Reisgelee oder so. Schmeckt jedenfalls sehr gut und ist wirklich eine Besonderheit...! Es war sogar Blattgold darauf...







innen drin ist eine Art Bohnenmus, schmeckt süß und sehr sehr lecker!! (^_^)


Jedesmal wenn ich die Bilder wieder ansehe muss ich lächeln wenn nicht sogar lachen und danach geht es mir immer gleich viel besser! (~w~) Ich bin wirklich sehr froh dass ich so durch und durch nette Menschen kennenlernen durfte!! (^_^)

Viele liebe Grüße,
eure Simone

1 Kommentar:

  1. Hm ich wette ein Essen mit dir, dass du deinen Rücken in Shanghai behandeln lassen könntest und gleichzeitig einen tollen Praktikumsplatz finden würdest! Eine Kollegin von mir hat mir auch erzählt, dass die "Sonderbehandlung" der Chinesen Ausländern gegenüber dort spürbar besser sein soll...

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